Juli / August 2022

Gauß-Allianz Infobrief - Ausgabe 100

Liebe Leser:innen des GA-Infobriefs,

es ist mir eine Freude, Ihnen die 100. Ausgabe unseres Infobriefs im Namen der Mitglieder der Gauß-Allianz und in meiner Funktion als Vorsitzender des Vorstands zu übermitteln. Seit der Gründung des gemeinnützigen Vereins am 3. Dezember 2008 hat sich die nationale HPC-Landschaft weiterentwickelt. Der Fokus der Gauß-Allianz, durch überwiegend ehrenamtliches Engagement einen Beitrag zur Förderung des HPC in Deutschland zu leisten, wurde durch die regelmäßige Herausgabe des GA-Infobriefs zur Information aller HPC-Interessierten über Neuigkeiten in allen relevanten Bereichen begleitet. Seit der ersten Ausgabe vor 11 Jahren haben wir innerhalb der Allianz in einer gemeinsamen Redaktion abgestimmt und transparent über Systeme, Entwicklungen, aktuelle Forschungsaktivitäten und -Fragestellungen sowie Veranstaltungen und vieles andere mehr berichtet.

Mit der Förderung des Projektes zum “Aufbau einer Governance für die Aufgaben der Gauß-Allianz” durch die sechs Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen war die GA erstmals in der Lage, weitere Aufgaben innerhalb der HPC-Community zu übernehmen, neue Services anzubieten und damit auch die Sichtbarkeit des nationalen HPC weiter zu erhöhen. Insbesondere konnten damit auch der anwendungsorientierte Fokus und der jeweilige Beitrag zur Methodenentwicklung der Mitglieder strategisch strukturiert werden. Es ist auch in der Zukunft geplant, dass die Gauß-Allianz ihren Beitrag für das HPC in Deutschland ebenenübergreifend leistet und ein verlässlicher Ansprechpartner für Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ist. Der Infobrief wird dies - wie auch unsere HPC-Statuskonferenz als Plattform für den interdisziplinären Austausch - weiterhin begleiten.

Herzlichen Dank für Ihr Interesse!

Ihr Wolfgang E. Nagel

Erster europäischer Exascale-Superrechner

Mitte Juni hat das European High Performance Computing Joint Undertaking (EuroHPC JU) seine Entscheidung zum Standort des ersten europäischen Supercomputers der Exascale-Klasse bekannt gegeben: Der Rechner wird am Forschungszentrum Jülich stehen. Als Betreiber ist das Jülich Supercomputing Centre vorgesehen, das als Mitglied des Gauss Centre for Supercomputing am Bewerbungsverfahren für diesen High-End-Supercomputer teilgenommen hatte. Die Gesamtkosten für das System belaufen sich auf 500 Mio. Euro. Die Hälfte der Kosten wird von der europäischen Supercomputing-Initiative EuroHPC JU und die andere Hälfte zu gleichen Teilen vom BMBF und dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen getragen. Der Rechner mit dem Namen JUPITER wird ab 2023 in einem eigens dafür errichteten Gebäude auf dem Campus des Forschungszentrums Jülich installiert werden. JUPITER wird wie der aktuelle Jülicher Spitzenrechner JUWELS auf einer dynamischen modularen Supercomputer-Architektur basieren, die das Forschungszentrum Jülich gemeinsam mit europäischen und internationalen Partnern in den europäischen DEEP-Forschungsprojekten entwickelt hat. Der Exascale-Rechner soll dazu beitragen, bedeutende und drängende wissenschaftliche Fragen zu lösen, etwa zum Klimawandel, zur Bewältigung von Pandemien und zur nachhaltigen Energieerzeugung, und den intensiven Einsatz von Künstlicher Intelligenz sowie die Analyse großer Datenmengen ermöglichen. Weitere Informationen: fz-juelich.de/de/aktuelles/news/pressemitteilungen/2022/exascale-standort-entscheidung

Exascale gemeinsam entwickeln

Deutschland und Bayern setzen auf Supercomputer der Exascale-Generation: Das BMBF sowie das bayerische Ministerium für Wissenschaft und Kunst finanzieren mit je 125 Mio. Euro den Aufbau eines solchen Systems am Leibniz-Rechenzentrum (LRZ). Der nächste Supercomputer für Garching soll pro Sekunde mindestens ein ExaFlop/s schaffen und wird – ein Novum – in einer Innovationspartnerschaft entwickelt. Um die Umsetzung des Systems so genau wie möglich auf die Anwendungen der Nutzenden anzupassen, werden LRZ und Hersteller gemeinsam innovative Computing-Ansätze prüfen. In einem ersten Schritt werden bis 2023 Prototypen aufgebaut und basierend auf den Ergebnissen dann der künftige Rechner konzipiert. In Deutschland sind Innovationspartnerschaften seit 2016 möglich, sie werden auf längere Zeit angelegt und gliedern die Beschaffung in Phasen. Nach den Konzepten des LRZ und in Kooperation mit dem Rechenzentrum entwickeln mehrere Hersteller in finanzierten Runden technische Lösungen, bevor der Zuschlag erteilt wird. Durch einen Wettbewerb soll der bestmögliche Exascale-Supercomputer für die Nutzenden am LRZ entstehen, beim Co-Design werden neue Komponenten entwickelt oder optimiert. ExaMUC ist damit der erste Supercomputer in Europa, der auf diese Weise beschafft wird. Weitere Informationen: stmwk.bayern.de/pressemitteilung/12539/nr-100-vom-15-06-2022.html

LRZ-Jubiläum mit Festveranstaltung

Das LRZ feiert am 14. Juli sein 60. Jubiläum mit Einsichten in faszinierende Forschung und IT-Technologie. Am Vormittag wird sich das Direktorium mit Wissenschaftler:innen und Partnern vor Gästen aus Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit mit der Geschichte und Zukunft des 1962 gegründeten LRZ befassen. Seitdem etablierte sich das Zentrum als IT-Dienstleister auch für Institutionen jenseits der Münchner Stadtgrenzen, wuchs zum Supercomputing-Zentrum von internationalem Rang und begleitet heute Hochschulen und Forschungsinstitute bei der Digitalisierung. Am Nachmittag stehen Forschungsfragen im Mittelpunkt, deren Untersuchung ohne die IT-Ressourcen des LRZ nicht denkbar sind. Wissenschaftler:innen werden berichten, wofür sie HPC oder Virtual Reality einsetzen; außerdem stellen junge Forschende ihre Thesen zur Zukunft von Computern vor: ein Sprung in die Zukunft des LRZ, das von diesem Wissen profitieren und von Technologien wie Quantencomputing oder den Methoden der Künstlichen Intelligenz geprägt sein wird. Weitere Informationen sowie Online-Stream: www.lrz60.de . Das Nachmittagsprogramm kann auch vor Ort live mitverfolgt werden. Anmeldungen unter: events@lrz.de, LRZ@GCS)

MPI-Korrektheitsanalyse: Neues MUST-Release

Das Software-Tool zur MPI-Korrektheitsanalyse MUST wird am IT Center der RWTH Aachen in Kooperation mit der TU Darmstadt und dem Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) entwickelt. MUST erkennt zur Laufzeit einer MPI-Anwendung viele typische Programmierfehler wie beispielsweise Deadlocks, Typenkonflikte oder MPI-Ressourcenlecks. Im aktuellen MUST-Release wurde eine Erkennung von Data Races im Zusammenhang mit MPI-Funktionsaufrufen ergänzt. Hierfür wird eine Schnittstelle des Race-Detektors ThreadSanitizer genutzt. Darüber hinaus kann MUST nun Typ-Inkonsistenzen von Kommunikationspuffern bezogen auf den angegebenen MPI-Datentypen erkennen. Dafür greift MUST auf das an der TU Darmstadt entwickelte TypeART zurück. Weitere neue Funktionen umfassen das Filtern bekannter Fehler und Konfigurationsmöglichkeiten bei der Ausgabe der Ereignisprotokolle. MUST ist als Open-Source-Projekt öffentlich verfügbar unter: itc.rwth-aachen.de/must/

Erfolgreicher Projektantrag für „IPFS-Pinning-Dienst“

Der DKRZ-Antrag „IPFS Pinning Service for Open Climate Research Data“ erhielt den Förderungszuschlag für eines von fünf NFDI4Earth-Inkubator-Projekten. Ab 1. Juli wird das DKRZ innerhalb der viermonatigen Projektlaufzeit einen Prototyp für einen einfach zu bedienenden Datenverwaltungsdienst für Forschende auf Grundlage des InterPlanetary File Systems (IPFS) entwickeln. IPFS ist eine neuartige, verteilte Webtechnologie, die Datenauthentizität und fehlertoleranten Fernzugriff gewährleistet. Die Testdatensätze werden aus dem Datenpool des internationalen Klimamodell-Vergleichsprojektes CMIP6 bereitgestellt. Der Zugriff mittels IPFS auf die Inhalte erfolgt über Peers, die sich überall auf der Welt befinden und die Informationen weiterleiten und/oder speichern. Dabei lokalisiert IPFS die gesuchten Daten anhand der Inhaltsadresse und nicht anhand des Standortes. Ausgehend von einer übertragbaren prototypischen Implementierung, die innerhalb der DKRZ-Infrastruktur aufgebaut werden soll, wird die Eignung des IPFS für ein verteiltes und sicheres „Web für Forschungsdaten“ untersucht. Weitere Informationen: dkrz.de/de/ipfs-pinning

KI-Nachwuchsförderung

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) baut mit einer Finanzierung des BMBF seine Förderung für den KI-Nachwuchs in Deutschland aus. Aktuell wurden dazu drei Konsortien ausgewählt, die je eine „Konrad Zuse School“ für Künstliche Intelligenz aufbauen werden. Mit den Schulen sollen Netzwerke aus Wissenschaft und Wirtschaft für die Gewinnung von exzellentem KI-Nachwuchs aus der ganzen Welt etabliert werden. Dafür stellt das BMBF in den nächsten Jahren zunächst 24 Mio. Euro bereit. Der DAAD bringt seine Erfahrung bei der Ini-tiierung globaler Netzwerke und der Gewinnung internationaler Studierender und Promovierender in den Aufbau dieser Einrichtungen ein, die als international sichtbare Zentren der deutschen KI-Exzellenzförderung etabliert werden sollen. Träger dieser Schulen sind die Technischen Hochschulen Darmstadt, Dresden und München mit definierten Schwerpunkten. Für eine exzellente wissenschaftliche Ausbildung kooperieren in den Zuse Schools Forschende verschiedener Hochschulen und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen mit Expert:innen aus Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Wirtschaft. Die Schools erhalten dafür mittelfristig jeweils bis zu 3 Mio. Euro Fördermittel im Jahr für Personal, Stipendien, den Ausbau innovativer Lehrformen, zur Unterstützung internationaler Mobilität der Beteiligten und zur Wissenschaftskommunikation. Weitere Informationen: daad.de/de/der-daad/kommunikation-publikationen/presse/pressemitteilungen/mehr-ki-talente-fuer-deutschland/ .

International HPC Summer School 2022

Die 12. „International Summer School on HPC Challenges in Computational Sciences” (IHPCSS) fand vom 19. bis 24. Juni in Athen statt. Der lokale Organisator war das PRACE-Mitglied GRNET, Trägerorganisationen waren wie zuletzt PRACE für Europa, XSEDE für die USA, RIKEN CCS für Japan sowie das SciNet HPC Consortium für Kanada. Für die Teilnahme hatten sich die besten Doktorand:innen und Post-docs auf dem Gebiet des wissenschaftlichen Hochleistungsrechnens aus Wissenschaftseinrichtungen in Europa, Japan, Kanada und den USA qualifiziert; 30 der insgesamt 80 Plätze konnten durch Teilnehmer:innen aus europäischen Einrichtungen belegt werden. Das Programm umfasste Präsentationen zu HPC und Data Challenges in Astrophysik, Bio- und Materialwissenschaften, Plasmaphysik, sowie der Vorhersage extremer Wetterereignisse. Außerdem wurden Tutorials zu paralleler Programmierung klassischer und beschleunigter Prozessorarchitekturen, zu Visualisierung, Performanceanalyse und -optimierung, zu Big Data Analytics und maschinellem Lernen, sowie Vorträge zu I/O-Optimierung und numerischen Bibliotheken angeboten. Begleitend gab es Mentoring-Aktivitäten sowie Anregungen und Gelegenheiten zu Netzwerkbildung. Nächstes Jahr soll diese weltweit einzigartige Sommerschule in Nordamerika stattfinden. Weitere Informationen: ihpcss.org